Leserbrief der Familie Bechter im Allgäuer-Anzeigeblatt:

Hof wäre nicht mehr zu bewirtschaften

Zur Berichterstattung über die Hotelund Straßenbaupläne in Bühl. Das Bürgerbegehren gegen das Projekt ist nach Ansicht von Stadt und Verwaltungsgericht unzulässig: Falsch sei in seiner Begründung, dass die Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebs gefährdet sei. Denn nur weniger als ein Prozent seiner bewirtschafteten Fläche sei durch den Straßenbau überhaupt berührt. Die betroffene Familie, die einen Milchviehbetrieb mit 25 Kühen und 30 Jungtieren betreibt, nimmt Stellung.

Wird das Hotel über den Trieblingser Weg erschlossen, ist unser Familienbetrieb zunächst nicht in seiner Existenz bedroht -aber massiv eingeschränkt. Langfristig benötigt das Hotel eine neue Zufahrt. Mit der Umgehung kommt das Baugebiet. Auch das Verwaltungsgericht gab uns hier recht und sah im Hotel und der Umgehung eine Einheit.

Der Großteil der Gesamtfläche unseres Hofs besteht aus Buckelwiesen und -weiden. Die Bedeutung der minimalen ebenen Flächen für den Hof ist deutlich höher. Diese Gesamtsituation wurde vom Gericht nicht berücksichtigt – und ebenso wenig der „Durchschneidungseffekt”: Durch die Ortsumfahrung würde der Hof von Mähwiesen, Weideflächen und der Hofalpe abgeschnitten. Ein neues Baugebiet mit mehr Verkehr macht den Viehaustrieb extrem schwer oder unmöglich. Eine ausschließliche Stallhaltung wäre die Konsequenz. Eine Entwicklungsmöglichkeit für den Betrieb wäre ausgeschlossen. Der Stadt sind vermutlich die Einschränkungen bekannt. Sie hat deshalb ein Angebot gemacht. Es läuft darauf hinaus, dass wir unsere hofnahen, ebenen Grundstücke als Bauerwartungsland an die Stadt verkaufen müssten – zu einem Preis von nur 15 Prozent des Wertes als Bauland. Alternativ wurden uns inadäquate Hangflächen zum Tausch angeboten. Damit wäre der Hof nicht mehr zu bewirtschaften.

Dr. Martina und Pamela Bechter, Bühl am Alpsee

Und die Antwort der Bürgerinitiative Pro-Immenstadt:

Eine Frage der Sichtweise

Zum Leserbrief „Hof wäre nicht mehr zu bewirtschaften“
von Dr. Martina und Pamela Bechter von 16. Februar

Im Leserbrief steht: „Der Großteil der Gesamtfläche Ihres Hofes besteht aus Buckelwiesen
und -weiden“. Das ist im südlichen Oberallgäu nichts Außergewöhnliches. Normalerweise geht man von “befahrbar ” und “nicht befahrbar” aus. Weiter heißt es: „Ein neues Baugebiet bzw. eine Ortsumfahrung macht den Viehaustrieb extrem schwer oder unmöglich“. Richtig ist: Eine Ortsumfahrung würde die heutige Viehtriebsstrecke auf dem Trieblingser Weg durch Verkehrsentlastung erheblich verbessern. Es wird gesagt: „Eine Entwicklungsmöglichkeit wäre ausgeschlossen“. Dazu muss man wissen: Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist fit für die nächste Generation, wenn er nach “guter fachlichen Praxis” die gesetzlichen Vorgaben zu den Haltungsbedingungen und dem Tierwohl einhält. Dazu braucht es vor allem Platz und Freiraum um den Hof. Was ist vorgeschrieben?
Freilaufstall statt Halsrahmenanbindung, Anpassung der Stallplätze an die Herdengröße nach den rechtlichen Anforderungen. Tiere dürfen nicht mehr an der Hauswand fixierte werden (auch nicht vorübergehend). Jungviehvollspaltenboxen dürfen nicht überbelegt werden und Kälberhaltung hat nach gültigen Vorschriften zu erfolgen. Bei Mistlagerstätten und Fahrsiloanlagen ist eine wasserdichte Betonplatte mit Silosickersaftbehälter notwendig. Auf die Klauengesundheit der Weidetiere durch artgerechte Triebwege ist zu achten.
Die Betreiber müssen selbst entscheiden: Sind diese gesetzlichen Vorgaben am jetzigen Standort einzuhalten?

Welche Alternativen gibt es?
Kann man wirklich von einem „Damoklesschwert“ reden, das über dem Betrieb hängt, wenn es die Option gibt, einer für Bühl bitter notwendigen Ortsumfahrung zuzustimmen und im Zuge dieser Umfahrung 4800 Quadratmeter eigenes Bauerwartungsland zu bekommen? Die Betreiber könnten selbst entscheiden: Den Grund weiter landwirtschaftlich bewirtschaften, selbst bebauen, frei verkaufen oder es als Banksicherheit verwenden, um in die eigene landwirtschaftliche Entwicklung zu investieren. Viele Betriebe im Oberallgäu wären froh über eine solche Option – viele haben die nicht!