nach einer denkwürdigen Sitzung hat der Stadtrat in seiner heutigen Sitzung (20.5.10) mit 9:13 Stimmen den vorgelegten Haushaltsentwurf und die Finanzplanung abgelehnt.

In Ihren Kommentaren zum Haushaltsentwurf 2010 signalisierte

– Markus Kössel die mehrheitliche Zustimmung der CSU-Fraktion zum Haushalt,
– Armin Ländle die Ablehnung des Haushaltes durch die SPD-Fraktion
– Herbert Waibel die Ablehnung des Haushaltes durch die Stadtratsfraktion “die Aktiven” (siehe Anhang)
– Irmgard Schreiber – unter dem Vorbehalt, dass sie die Mehrentscheidungen des laufenden Haushaltsjahres, die die künftigen Haushalte erheblich belasten würden, nicht mittragen würden – eine Zustimmung des Haushaltes durch die Grünen-Stadtratsfraktion.
– Erich Angerer die Zustimmung der JA-Fraktion
– Michael Immler die Zustimmung der FW-Fraktion
– Bgm. Armin Schaupp seine Ablehnung des Haushaltes.

Bgm. Schaupp begründete seine Ablehnung des Haushaltes mit den Mehrheitsentscheidungen des Stadtrates gegen die von Verwaltung und Bürgermeister im Haushaltsjahr gemachten Einsparvorschlägen, die die Zukunftsfähigkeit der Stadt negativ beeinflussen würden.

Nach einer Sitzungsunterbrechung und Beratung des Beirates wurde der Haushalt abgestimmt.

Dabei wurde deutlich, dass einige Stadträte offensichtlich ihr ursprünglich geplantes Abstimmungsverhalten änderten und nun gegen den Haushaltsentwurf 2010 votierten.

Damit ist der Haushalt 2010 bis auf Weiteres abgelehnt und eine Haushaltssperre tritt in Kraft. Dies bedeutet, dass zwar laufende Projekte fortgesetzt und beendet werden können, aber neue, schon beschlossene Projekte vorerst nicht umgesetzt werden dürfen.

Haushaltsrede:

Die Aktiven-Wählergemeinschaft
Herbert Waibel, Fraktionsvorsitzender
Rede zur Verabschiedung des Haushalts am 20. Mai 2010

Sehr geehrter Bürgermeister Schaupp,
werte Stadträtin Schreiber, werte Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herrn der Verwaltung.

„Eine Stadt, die nicht investiert, gibt sich selbst auf! (Hans Schaidinger, Vorsitzender des Bayer. Städtetages).
So ist es absolut richtig, dass sich der Stadtrat in seiner Mehrheit entschlossen hat, Zukunftsprojekte auf den Weg gebracht zu haben: z.B.

–          Die Erschließung neuer Gewerbegebiete

–          Das AlpSeeHaus

–          In Bildung (Sanierung GS Stein, HS Immenstadt Brandschutz, Sonnenschutz und Eingangsbereich)

–          Die Sanierung Kanäle (J.-K.-Str.) und auch

–          Ausgaben, um die Verwaltung in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zeitgemäß erledigen zu können (z.B. Personal, Computer …)

Aber auch sogenannte „Freiwillige Leistungen“ sind wichtig, damit unsere Stadt ihren inneren Zusammenhalt behält:

–          Zuschüsse Vereine

–          Streetwork

–          Seniorenbegegnungsstätte

Ideal wäre es, wenn wir alle so handeln würden, wie es die CSU Immenstadt auf ihrer Homepage fordert:

– „Strikte Ausgabendisziplin (Es darf nicht mehr ausgegeben werden, als eingenommen wird); „ausgeglichene Stadthaushalte“; keine weitere Verschuldung zu Lasten kommender Generationen.“

Die Wirklichkeit sieht, wie die Darstellung der drastischen Schuldenentwicklung durch Kämmerer Sieg-fried Zengerle gezeigt hat, anders aus: Wir leben in Immenstadt über unsere Verhältnisse. Ministerpräsident Roland Koch drückt es für Deutschland noch drastischer aus: „Wir leben in dramatischer Weise über unsere Verhältnisse. Die Zeit der Behutsamkeit ist vorbei“ (AZ, 17. Mai 10)
Die freie Finanzspitze (Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt, die über die vorgesehenen Tilgungen hinaus gehen) beträgt in diesem Jahr noch 1,8 Mio € – 2011/12/13 erwirtschaften wir diese nicht mehr. Im Gegenteil: in diesen 3 Jahren können wir ca. 600.000 € der anfallenden Tilgungen nicht erwirtschaften und müssen dies über eine höhere Verschuldung auffangen.
Eine Finanzkrise jagt die nächste, die bayer. Landesbank verspekuliert sich im 2-stelligen Milliardenbereich, Volkswirtschaften gehen bankrott und etliche Aufgaben und finanziellen Lasten, die der Staat zu tragen hat, werden mehr und mehr an die Kommunen weiter gereicht.
Unsere Wählergemeinschaft hat schon im letzten Haushaltsjahr vor unserer nicht akzeptablen Schulden-Entwicklung gewarnt und eine eindeutige Prioritätensetzung des Stadtrates bei Einsparungen und Ausgaben angemahnt.
Wesentliche Vorschläge von Bürgermeister und Verwaltung, die wir unterstützt haben, fanden im Stadtrat keine Mehrheit.
2008 wurde mit einer 13:12 Mehrheit von CSU/FW/JA der überstürzte Ausbau des Schulzentrums (gegen das wir nicht grundsätzlich waren), der mit 2 Mio. Euro die Stadt belastete, durchgesetzt (wenig Schule für viel Geld, dies führte zu einer deutlichen Neuverschuldung).

In diesem Jahr wären Weichenstellungen möglich gewesen, das strukturelle Defizit der Stadt zu reduzieren, z.B.

–          Der Betrieb unseres Freibades beschert uns jährlich 150-200.000 € Defizit. Die Prüfung eines alternativen Be-treibermodells des Kleinen Alpseebades wurde schon im Vorfeld von der CSU nicht mitgetragen.

–          Der Betrieb der Hofgarten-Stadthalle beschert uns ein jährliches Betriebsdefizit von mindestens 350.000 € im Jahr. Schon im Vorfeld hat sich die CSU ohne Not auf eine Sanierung des Hofgartens ohne ein schlüssiges Konzept, wie dieses hohe Defizit reduziert werden kann, festgelegt. Auch hat die CSU die Prüfung einer u.U. deutlich günstigeren Alternative zur Stadthalle im Schlosshof durch einen privaten Betreiber mit Hilfe der JA und FW verhindert.

–          Die Gastschulbeiträge für das Schulzentrum decken zwar die laufenden Betriebskosten, langen aber bei weitem nicht aus, um den baulichen Bestand langfristig zu erhalten. Die Mehrheit des Stadtrates hat es abgelehnt, unserem Bürgermeister ein robustes Verhandlungsmandat zu erteilen, mit dem Landkreis über eine Übertragung von RS/Gym. auf den Landkreis (dessen Pflichtaufgabe es wäre) bzw. eine deutliche Erhöhung des Gastschulbeitrages zu erreichen, um so unser Defizit in diesem Bereich zu verringern.

Mit diesen Maßnahmen hätten wir mittelfristig unsere laufenden Kosten erheblich reduzieren können. um so die notwendigen, zahlreichen – nicht verschiebbaren – Bauvorhaben und Pflichtaufgaben, die anstehen, wenigstens teilweise finanzieren zu können. Außerdem wäre es nötig gewesen, unsere Bürger durch höhere Steuern und Beiträge zu belasten, um die Pflichtaufgaben einigermaßen schultern zu können, damit uns die Schulden nicht erdrücken. Uns macht große Sorgen, dass wir in naher Zukunft gar keinen Gestaltungsspielraum mehr haben werden und durch diese Schuldenpolitik wichtige freiwillige Leistungen, wie vorhin angeführt, gar nicht mehr finanzieren können.

„Wir brauchen neues Denken, um aus der wirtschaftlichen Krise herauszukommen“, fordert Angela Merkel (22.3.10).

Ich habe das Gefühl, dass die Mehrheit des Rates kein „neues Denken“, sondern eine rückwärts gewandte Politik verfolgt, die sich im Glanz alter Zeiten sonnt und nicht merkt, dass die fetten Jahre vorerst vorüber sind. Die nicht merkt, dass man alleine mit dem Argument „Als Mittelzentrum müssen wir uns alle geschaffenen Einrichtungen einfach leisten können!“ keine aufgetürmten Schulden zurück zahlen kann.

„Den Kopf in den Sand stecken“ und auf das „Prinzip Hoffnung zu setzen“ ist unsere Sache nicht!

Letztes Jahr habe ich an dieser Stelle gesagt: „Wir Aktive tragen den vorgelegten Haushalt mit, auch wenn unseres Erachtens manche Beschlüsse und deren Auswirkungen auf den Haushalt finanzpolitisch fragwürdig erscheinen.“

Da die Stadtratsmehrheit unserer Ansicht nach mit ihren Beschlüssen, wie vorhin beschrieben,  verhindert hat, dass wir das strukturelle Defizit der Stadt mittelfristig deutlich verringern können, lehnen wir den vorgelegten Haushalt 2010 ab.

Wir bedanken uns bei der Verwaltung mit Kämmerer Siegfried Zengerle und Bürgermeister Armin Schaupp an der Spitze für die transparente Präsentation des Haushalts und aller Lösungsangebote. Wir bedanken uns bei allen Kollegen und Frau Schreiber, die zu sachlichen Haushaltsberatungen beigetragen haben.

Herbert Waibel