Sie sind es gewohnt, von mir umgehend über Stadtratsentscheidungen informiert zu werden. Diesmal kollidierten bei mir Ehrenamt und Beruf – deswegen mit etwas Verspätung mein Beitrag zur Sitzung vom 11. Oktober.

Ob wir richtig entschieden haben? Die Zukunft wird es zeigen, ob alle Befürchtungen (“Kultur wird platt gemacht”) eintreffen werden oder ob die Kürzungen vielleicht Anlass zum “Durchstarten” im Kulturbereich geben. Es gibt schönere Aufgaben als Stadtrat, als Kürzungen zu beschließen. Deutlich wurde mir bei der Debatte, dass viele Zuschüsse in Zeiten beschlossen wurden, als es mit Immenstadt wirtschaftlich steil bergauf ging. Diese Zeiten sind leider – vorerst – vorbei. Quatsch ist es meines Erachtens, wenn behauptet wird, ehrenamtliches Engagement würde durch diese Maßnahmen nicht mehr gewürdigt. Im Gegenteil: Gerade in dieser Zeit ist für unsere Stadt echtes ehrenamtliches Engagement wichtiger denn je – so wie es uns die Nachkriegsgeneration vorbildlich vorgelebt hat. Frei nach J. F. Kennedy: “Frage nicht, was deine Stadt für dich tun kann – frage, was du für deine Stadt tun kannst.”

Wie soll angemessen im Bereich der freiwilligen Leistungen eingespart werden? Sparen – um jeden Preis?

Zur Erinnerung: Ziel unserer Stadtratsfraktion war es, Kürzungen im sozialen Bereich zu vermeiden und durch Kürzungen in anderen Bereichen mit dafür zu sorgen, dass die Grundsteuer künftig wieder gesenkt werden kann. Jeder von uns stellt sich die Frage: Kann diese freiwillige Leistung der Allgemeinheit (dem Steuerzahler) auch künftig komplett/zum Teil aufgebürdet werden – oder nicht.

In der Stadtratssitzung am 11. Oktober wurde die Debatte um Kürzungen im Bereich der freiwilligen Leistungen fortgesetzt.

Der Bereich „Kultur“ war besonders umstritten, hier setzte sich die Mehrheit von Grünen, SPD, die Aktiven und Bürgermeister Armin Schaupp mit einer 2/3-Streichung der Zuschüsse durch (siehe Kommentar von SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Elgaß am Ende dieser Mail).

– Die Kulturgemeinschaft Oberallgäu (KGO) erhält einen Zuschuss zur Durchführung der Theaterveranstaltungen im Hofgarten in Höhe von 30.000 €. Dieser Zuschuss wird um 20.000 € auf 10.000 € gekürzt. Umsetzung aus Vertrauensschutzgründen 2018.

Nach Bekanntgabe dieser Entscheidung im Allgäuer Anzeigeblatt wurde Aktiven-Stadtrat Herbert Waibel angesprochen, dass die KGO Rücklagen von 50.000 € angesammelt habe und in der Vergangenheit Rechnungsabschlüsse nicht für alle Mitglieder offen gelegt worden seien. Herbert Waibel, kein Mitglieder der KGO, bat darum, dies – gut belegt! – zu veröffentlichen.

– Der Zuschuss an den „Immenstädter Sommer“ zur Durchführung der Veranstaltungen in Immenstadt wird von 4.000 € um 2.667 € auf 1.333 € gekürzt. (Interessant die Aussage von Herrn Albert Seitz im Allgäuer Anzeigeblatt 15.10.16, dass der Zuschuss-/Kürzungsbetrag „keine Rolle“ für ihn spiele.)

– Der Zuschuss für Kleinkunstveranstaltungen KLICK wird von 3.700 € um 2.467 € auf 1.233 € gekürzt. (Horst Schreiber, Vorsitzender von KLICK hatte, so AZ vom 15.10.16, „angesichts der desolaten Finanzlage der Stadt“ mit einer Komplettstreichung gerechnet. KLICK will – wie bisher – 10 Veranstaltungen auf die Beine stellen. Er hätte sich gewünscht, so Schreiber, dass die Stadt bei der Zuschussvergabe einen Unterschied zwischen einem ehrenamtlich geführten Verein und einen gewerblichen Anbieter [gemeint wohl Albert Seitz, Immenstädter Sommer] macht.)

Der Hinweis von Herrn Schreiber macht auch deutlich, dass bei der ganzen Spardiskussion im kulturellen Bereich nicht angesprochen wurde, das Herr Peter Seitz mit seinem ausgezeichneten Kultur-Angebot im Stadtschloss Immenstadt noch nie an die Stadt herangetreten ist und einen Zuschuss eingefordert hat. Vorbildlich.

Einmütig oder mit großer Mehrheit stimmte der Stadtrat dafür, in folgenden Bereichen keine Kürzungen vorzunehmen

– Heimatverein zur Förderung der Heimatpflege, 460 €

– Museum Hofmühle (Museumsbetrieb durch Heimatverein) 39.800 €

– Heimatverein zum Erhalt der Burg Laubengerg-Stein 9.250 €

– Zuschuss Trachtengruppen „d’Älpler“ und „d’Stoinebergler“ je 420 €

– Musikschule Oberallgäu Süd, Defizitabdeckung 186.000 €

– Zuschuss Oberallgäuer Volkshochschule 1.350 €

– Zuschuss der Arbeit des Kinderschutzbundes 32.000 €

– Zuschüsse Bergwacht, Wasserwacht, Rotes Kreuz 20.500 €

– Zuschuss Dorfhelferinnenstation Stein zur Versorgung von Familien auf dem Land, wenn vorübergehend Unterstützung notwendig ist, 1.500 €

– Zuschuss Seniorenarbeit zur Durchführung von Altennachmittagen in der Stadt und den Ortsteilen 2.500 €

– Zuschuss Bergbauernmuseum (70.000 Besucher / Jahr, Kostendeckungsgrad von rund 70 % = Spitzenwert in Deutschland) 112.900 €

– Budgets Feuerwehren 220.000 € und Betriebshof 180.000 €

Weitere Kürzungen, die vorgenommen wurden und mit z.T. großen Mehrheiten verabschiedet und/oder quer durch die Fraktionen dafür oder dagegen votiert wurde.

– Präparierung der Langlaufloipen Kürzung um 3.000 €. Konzentrierung bei Präparierung auf Loipen Knottenried/Diepolz.

– Zuschuss Musikkapellen von 21.800 € um 4.800 € auf 17.000 € (16:6 Stimmen)

– Einstellung des Busbetriebes Immenstadt – Diepolz/Missen in den Ferien, Einsparung 3.500 € (16 :7 Stimmen)

– Die Sportvereine erhalten für Jugendarbeit derzeit einen Zuschuss in Höhe von 36.100 €. Die Verteilung erfolgt durch den Sportbeirat. Aktiven-Stadtrat Herbert Waibel plädierte dafür, diesen Zuschuss nicht zu kürzen, da „Jugendarbeit im Sport beste Sozialarbeit“ sei. CSU-Stadtrat Thomas Wurmbäck erwiderte, die Sportvereine könnten die Hallenbenutzungsgebühren für Erwachsene erhöhen und damit eine Kürzung kompensieren. Letztendlich stimmte der Stadtrat mit 16:7 Stimmen für eine Kürzung in Höhe von 7.100 €, sodass diese Förderung ab nächstem Jahr 29.000 € beträgt.

– Betreuung Asylbewerber: Da die Zahl der Asylbewerber von 220 auf derzeit 130 zurückgegangen ist und der Landkreis sich aus der Finanzierung zurückzieht, wird eine Reduktion von 34 auf 26 Wochenstunden vorgenommen. Die Finanzhilfen der Stadt für Integrationsarbeit, z.B. Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Helfer werden um 7.000 € auf 5.000 € gekürzt. Spezielle Projekte in diesem Bereich können weiter gefördert werden, da durch Spenden von Mitbürgern/-innen Rücklagen gebildet wurden. Falls wieder eine deutliche Zunahme von Flüchtlinge kommen sollte, kann dieser Zuschuss entsprechend wieder erhöht werden.

– Die Städtepartnerschaft mit Wellington und Lillebonne wird derzeit mit 12.500 € bezuschusst, insbesondere der Jugendaustausch. CSU-Stadtrat Thomas Wurmbäck plädierte dafür, den Bereich des Erwachsenenaustausches (Fahrten) nicht mehr zu bezuschussen. Aktiven-Stadtrat Herbert Waibel plädierte dafür, es dabei zu belassen, da gerade im Zeichen des „Brexit“ dies ein Zeichen für die Partnerschaft wäre. Mit 15 : 7 Stimmen beschloss der Stadtrat, die Fahrten des Erwachsenenaustausches nicht mehr zu bezuschussen.

Mehr Informationen der Verwaltung zu den folgenden Bereichen wurden von Stadträten eingefordert und deswegen die Entscheidungen über Kürzungen (oder nicht) in diesen Bereichen vertagt:

– Zuschuss Caritas Sozialstation, 5.000 €

– Zuschuss Freiwilligenagentur, 5.000 €

– Zuschuss Caritas / Tafel, 5.000 €

Kommentar von Peter Elgaß, SPD-Fraktionsvorsitzender:

Theater – nicht nur ums Theater

In einer recht turbulent geführten Stadtratssitzung wurde gestern das Kapitel “Kürzung freiwilliger Leistungen” in der Haushaltsvorbereitung abgeschlossen. Man kann durchaus feststellen, dass die Debatte hochemotional und zum Teil “unter der Gürtellinie” geführt wurde. Die Stadtratsmehrheit von SPD, den Aktiven und den Grünen setzte sich in den meisten strittigen Punkten mit Kürzungen durch. Es wurden rund 100.000 Euro eingespart, die aber teilweise erst im übernächsten Haushalt wirksam werden.

Zuschuss für Zuschuss gingen die Mitglieder des Stadtrates durch – immer wieder unterbrochen von Wortmeldungen aus dem konservativen Lager, in denen vehement gefordert wurde, “die großen Posten” im Haushalt zuerst anzugehen, bevor man bei den freiwilligen Leistungen den Rotstift ansetzt. Der mehrfach wiederholte Hinweis des Bürgermeisters, dass es ausser der Ausbauplanung der Bahnhofsstraße keine “großen Posten” im Haushalt gibt fand keinen Glauben bei den Kritikern. “Alle größeren Ausgabepositionen im kommenden Haushalt sind Projekte die bereits laufen und nicht mehr gestoppt werden können!” argumentierte der Bürgermeister Armin Schaupp ziemlich erfolglos.

Am meisten erhitzten sich die Gemüter gleich am Anfang der Sitzung beim Zuschuss an die Kulturgemeinschaft Oberallgäu (KGO). Bisher wurde das Theater in Immenstadt mit 30.000 Euro unterstützt. Bei etwa 350 Abos und einem nicht sonderlich hohen Freiverkauf sind die neun Theateraufführungen von Tournee-Theatern und die eine Konzertveranstaltung, nach KGO-Angaben auf die Förderung angewiesen. Kulturstadtrat Ralf Kellner schlug eine Kürzung des Etats um 5.000 Euro in 2017 und eine weitere Kürzung von 5.000 Euro in 2018 vor. “Das ist das Äusserste, was die Kulturgemeinschaft noch ertragen kann. Viele Abonnenten sind bereits Rentner oder können sich eine Preiserhöhung nicht leisten.”

Dagegen stand ein Vorschlag aus dem Rathaus, die 30.000 Euro ganz zu streichen und ein von Grünen, SPD und Aktiven unterstützter Vorschlag, 10.000 an Zuschuss stehen zu lassen, mit dem die Miete des Hofgartens bezahlt werden kann. Letztlich setzte sich gegen den massiven Widerstand des Kulturreferenten und einiger konservativer Stadträte der Vorschlag der “Zweidrittel-Kürzung” durch. Die analog auch auf die beiden vergleichbaren Einrichtungen Kleinkunstverein Klick und Immenstädter Sommer angewendet werden – aus Gleichbehandlungs-Gründen.

Ralf Kellner verließ daraufhin erbost die Sitzung mit der Ankündigung, dass der fehlende Betrag aus der Otto-Luitpold-Spieß-Sozialstiftung ersetzt würde, die Kellner verwaltet. Damit machte er öffentlich, was er schon vorher seinen Stadtratskollegen schriftlich mitgeteilt hatte. Ob es allerdings möglich ist, die Förderung der KGO aus einer Stiftung zu tätigen, die sich im Satzungszweck ausdrücklich mildtätigen und rein sozialen Zwecken verschrieben hat, bleibt stark zu bezweifeln. Die Stiftungs-Satzung spricht eindeutig dagegen.

Nicht nur bei dieser Position der freiwilligen Leistungen gingen die Gemüter hoch. Aus Sicht nicht der SPD-Stadträte wurden von der konservativen Seite populistische Argumente vorgetragen, die gegen Kürzungen gerichtet waren. Immer wieder verbunden mit dem Hinweis auf undefinierte “große Posten” im Haushalt.

Es ist noch einige Jahre bis zur nächsten Stadtratswahl hin – trotzdem konnte man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass hier vorgezogener Wahlkampf stattfand. Es ist nicht leicht, notwendige Einsparungen zu fordern und zu vertreten, wie es die Gruppierungen der Aktiven, der Grünen und der SPD taten. Wählerstimmen gewinnt man dabei erst einmal nicht. Viel erfolgreicher ist es wahrscheinlich, weiterhin Zuschüsse zu verteilen und dafür einzutreten.

Die konservativen Stadträte standen vor einigen Monaten auf dem Marienplatz, verteilten aktiv rote Karten gegen die bekämpfte Grundsteuererhöhung und forderten stattdessen massive Einsparungen.

Lippenbekenntnisse, wie es sich jetzt zeigt!

Denn jede Einsparung wirkt sich unmittelbar auf die Grundsteuer im nächsten Jahr aus. Es ist das Privileg einer Plenums-Minderheit (wenn auch nur mit einer Stimme), sich populistisch zu verhalten und abzustimmen. Es dient aber nicht dem Wohl der Stadt.

Allein an den ständig wiederholten Argumenten zum Thema Brandschutz, Kauf der Alpe Schönesreut oder Skytrail erkennt man, dass nicht harte Fakten und Zahlen, sondern Fundamental-Opposition bei CSU und Jungen Alternativen angesagt ist. Und Zielscheibe ist zu großten Teilen der von ihnen ungeliebt Bürgermeister Armin Schaupp.

Die einzelnen Kürzungen werden wir in den nächsten Tagen an dieser Stelle aufzeigen.

Peter Elgaß, SPD-Fraktionsvorsitzender.