als Vertreter von 1. Bürgermeister Armin Schaupp habe ich zum Thema Grundsteuererhöhung / “rote Karte” folgende Information verfasst, die im nächsten Immenstadt-Magazin veröffentlicht werden wird.

Grundsteuererhöhung – Fragen und Antworten

Im Zuge der Kundgebung zur Grundsteuererhöhung wurden an Bürgermeister und Stadträte etliche Fragen gestellt. Vor allem wollten Mitbürgerinnen und Mitbürger wissen, ob alle Behauptungen in dem Flugblatt „Rote Karte“ zutreffend seien. Deswegen gehe ich in folgenden Punkten auf Behauptungen des Flugblatts „Rote Karte“ und auf einige Themen, die von den Sprechern der Kundgebung angesprochen wurden, ein.

Fakten verschwiegen?

In dem Flugblatt „Rote Karte“ wird eingangs behauptet, 1. Bürgermeister Armin Schaupp habe Fakten „gerne verschwiegen“. Das ist unhaltbar. Der 1. Bürgermeister hat sämtliche haushaltsrelevanten Informationen wiederholt vorgestellt. Auf den monatlichen Bürgerversammlungen vor den Stadtratssitzungen konnte und kann jede/r interessierte/r Bürger/-in Bürgermeister Schaupp direkt zu aktuellen Immenstädter Themen befragen.

Hohe Gewerbe- und Einkommensteuer?

Behauptung:„Immenstadt nimmt in diesem Jahr so viel Gewerbe- und Einkommensteuer ein wie selten zuvor. Es ist folglich ein Märchen, dass wir niedrigere Steuereinnahmen als früher haben.“

Gewerbesteuer – Kreis, Land und Bund kassieren mit

Seit 2007 musste Immenstadt im Durchschnitt jährlich etwa 2 Mio. € neue Schulden aufnehmen. Hätten wir 10,6 Mio. € Gewerbesteuereinnahmen wie im Jahr 2004, müssten keine Steuererhöhungen bzw. drastische Einsparungen vorgenommen werden.

Die Fakten: Entwicklung der Gewerbesteuer (2016 Schätzung)

Im Durchschnitt von 2004 – 2007 9,00 Mio. €

von 2008 – 2015 4,56 Mio. €

2016 Gewerbesteuerentwicklung

(Gewerbesteuereinnahmen in €: 2004: 10,6 Mio. – 2005: 9,0 Mio. – 2006: 9,7 Mio. – 2007: 6,7 Mio. – 2008: 2,2 Mio. – 2009: 2,9 Mio. – 2010: 3,9 Mio. – 2011: 5,7 Mio. – 2012: 6,3 Mio. – 2013: 4,7 Mio. – 2014: 5,2 Mio. – 2015: 5,6 Mio.; Steuerschätzung für 2016: 6,2 Mio. €)

Was bleibt von Gewerbesteuer-Mehreinnahmen?

Jeder Euro, den die Stadt 2016 an Gewerbesteuer einnimmt, hat bei unserem Hebesatz von 380 Punkten folgende Auswirkungen:

– 18 Cent sind gleich an Gewerbesteuerumlage an Bund und Land abzuführen.

– 35 Cent (Im Jahre 2018 wird dieser Euro auf die Finanzhilfen des Freistaates Bayern [Schlüsselzuweisungen] angerechnet.)

– 18 Cent (Ebenfalls im Jahre 2018 hat die Stadt an den Landkreis Oberallgäu Kreisumlage zu zahlen. Berücksichtigt man, dass auch für die Schlüsselzuweisungen Kreisumlage zu zahlen ist, gehen nochmals 18 Cent weg.)

Ergibt zusammen 71 Cent, nur 29 Cent verbleiben bei der Stadt.

Gemäß Gewerbesteuer-Prognose von Stadtkämmerer Siegfried Zengerle für 2016 nimmt die Stadt voraussichtlich etwa 600.000 € mehr Gewerbesteuer als im Jahr 2015 ein. Davon bleiben ihr 29 Prozent = 174.000 €

Positive Entwicklung der Einkommenssteuer

Der städtische Anteil an der Einkommensteuer steigt kontinuierlich.

Die Fakten: Entwicklung der Einkommenssteuer (2016 Schätzung)

2016 Einkommensteuerentwicklung

(Einkommenssteuereinnahmen in €: 2007: 4,4 Mio.- 2008: 4,9 Mio. – 2009: 4,9 Mio. – 2010: 4,7 Mio.- 2011: 4,9 Mio. -; 2012: 5,3 Mio. – 2013: 5,7 Mio. – 2014: 6,1 Mio. – 2015: 6,2 Mio. €: Schätzung 2016: 6,6 Mio. € )

Unterdurchschnittliche Steuerkraft
Die Kennzahlen von 2014 zeigen, dass die Steuerkraft pro Einwohner in Immenstadt weit unterdurchschnittlich im bayerischen Vergleich ist:
Immenstadt: 803 €
Alle Gemeinden in Bayern: 1063 €
Kreisangehörige Gemeinden: 943 €
Gemeinden in der Größenklasse zwischen 10 – 20.000 Einwohner: 1250 €

Städtische Schuldenlast

Immenstadt drückt aktuell eine Schuldenlast von gesamt ca. 43,4 Mio. € (Stadthaushalt ca. 20,9 Mio. € + Stadtwerke 22,5 Mio. €) = rund 2.850 € / Einwohner

Allein der Zins, den wir für die derzeitigen Schulden zu leisten haben, liegt bei etwa 800.000 €.

Die steigende Verschuldung der Stadtwerke hat folgende Ursachen:

Vorleistungen z.B. Wasser, Kanal, Hochbehälter usw. (müssen langfristig durch Gebühren wieder ausgeglichen werden).

Die defizitären Einrichtungen

– Hallenbad (minus 700.000 €/Jahr),

– Freibad (minus 250.000 €/Jahr),

– Tiefgaragen (minus 300.000 €/Jahr),

– Fernwärme (minus 200.000 €/Jahr)

sind den Stadtwerken zugeordnet. Der Erlös durch Ausschüttung städtischer AÜW-Anteile (1,2 Mio. €) reicht zur Defizitabdeckung nicht aus.

Zahlt ein Millionär soviel wie eine Rentnerin?

Behauptung: „Die Erhöhung der Grundsteuer betrifft besonders Rentner und Bürger mit niedrigem Einkommen. Der Millionär zahlt nämlich genauso viel wie die Rentnerin, die sich für ihr Häuschen ein Leben lang abgerackert hat. Jeder Mieter muss über die Mietnebenkosten die Grundsteuer bezahlen. Der ‚kleine Mann‘ wird wie eine Weihnachtsgans gerupft. So wird man in einer Doppelhaushälfte rund 700 € bezahlen müssen, beim kleinen Handwerks- oder Einzelhandelsbetrieb kommen ganz schnell 2000 €, 4000 €, 6000 € zusammen. Der mittelständische Arbeitgeber wird in der Regel mit über 10 000 € belastet. Gift für unsere Arbeitsplätze.“

Die Fakten: Beträge über die zu zahlende Grundsteuer zu nennen ist unseriös. Die Grundsteuer hängt vom jeweiligen Einheitswert ab. Dieser ist von vielen Faktoren abhängig, z. B. Baujahr, Bauweise des Gebäudes, Gemeindegröße in der das Grundstück zum 01.01.1964 gelegen hat. Beispiele aus der Praxis: Neues Einfamilienhaus: Mehrkosten 216,00 € also 18,00 € pro Monat. Älteres 3-Familienhaus: Mehrkosten 110,40 € = 3,10 € pro Familie im Monat. Gewerbetreibende können die Grundsteuer vom zu versteuernden Einkommen bei der Körperschafts- oder Gewerbesteuer abziehen.

Je „wertvoller“ also ein Haus ist, desto höher ist der Einheitswert, der besteuert wird. Damit trifft eine Grundsteuererhöhung Vermögende weitaus stärker. Stadträte bezahlen natürlich ebenfalls die beschlossene Grundsteuererhöhung. Bürgermeister Armin Schaupp, der nicht in Immenstadt wohnt, hat für sein Haus die entsprechende Erhöhung der Stadt gespendet.

Luxusprojekte?

Behauptung: „Gleichzeitig leistet sich Immenstadt zahlreiche Luxusprojekte, wie den Kletterturm in Bühl, den Kauf der Alpe Schönesreuth, etc., etc.“
Die Fakten: Der Kletterturm ist eine Investition der Alpsee-Tourismus GmbH (Tochterunternehmen der Stadt Immenstadt, die eigenständig wirtschaftet) und somit sind anfallende Kosten nicht im städtischen Haushalt abgebildet. Somit wird er auch nicht mit „Grundsteuern“ finanziert. Ziel ist es, mit den Einnahmen der Besucher das Defizit im Tourismus zu verringern. Unser touristisches Motto lautet „Berge für Einsteiger“. Im kommenden Frühjahr werden vom Land geförderte moderne „Unterrichts-Stationen“ dem Kletterturm im Bereich Landschaftspark angeschlossen. Die Investitionskosten sollen bis 2026 amortisiert sein. Seriös kann erst in ein bis zwei Jahren ermittelt werden, wie erfolgreich der Skytrail-Kletterturm ist.

Zum Vergleich: Der Betrieb des Bergbauernmuseums wird mit ca. 110.000 € jährlich bezuschusst.

Eine Wirkung zeigt der Kletterturm schon jetzt: Ein Investor plant – ausdrücklich wegen des Kletterturms – eine gastronomische/touristische Nutzung des Nachbar-Grundstückes „Alte Schmiede“. Die Pläne werden im Herbst vorgestellt.

Der Kauf der Alpe Schönesreuth ist eine Investition in die Zukunft. Langfristig wird damit eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Alpflächen durch einheimische Bauern garantiert. Dies kommt Einheimischen und Touristen zugute, da unsere Allgäuer Kulturlandschaft erhalten bleibt.

Schon heute haben wir Schwierigkeiten, Ausgleichsflächen zu beschaffen.

Dieser Kauf hat keinen einzigen Punkt bei der Grundsteuererhöhung ausgelöst, weil dieser durch den Verkauf von anderen Grundstücken finanziert werden wird.

Sowohl der Kauf der Alpe Schönesreuth, als auch der Bau des Kletterturms sind auch von Stadträten aus Fraktionen unterstützt worden, die auf dem Flugblatt „Rote Karte“ ihr Logo platziert haben.

Zuviel städtisches Personal?

Behauptung: Es wird in der Diskussion argumentiert, Immenstadt habe im Vergleich zu anderen Kommunen zu viel Personal.

Die Fakten: Im Bereich der Kernverwaltung hat Immenstadt einen ähnlichen Personalstand wie vergleichbare Kommunen. Eine Stellenmehrung gab es im Bereich der neu geschaffenen Kinderkrippen.

Der Bereich der freiwilligen Leistungen (u.a. Jugendhaus, Streetwork, Schulsozialarbeit, Asylarbeit, indirekt auch das fachliche Personal des Kinderschutzbundes) muss deswegen extra betrachtet werden. Wenn in diesem sozialen Bereich Personalkürzungen vorgenommen werden sollten, hätte dies entsprechende Auswirkungen auf soziale Hilfestellungen für Kinder, Jugendliche, Familien und Asylbewerber.

Unnütze Planungskosten?

Behauptung: Es sei im Bereich der Schulen durch Planungskosten „Geld hinausgeworfen“ worden.

Die Fakten: Der 1. Bürgermeister hat die Möglichkeit aufgegriffen, dass das Raumprogramm für die Planung Königsegg-Grundschule optimiert werden kann. Diese Möglichkeit eröffnete vor etwa einem Jahr der Freistaat Bayern. Diese Umplanung spart Investitionskosten von rund 2 Mio. €.

Sie sehen: Die Parolen der ‚Vereinfacher‘ werden komplizierten Sachverhalten nicht gerecht. Weder dem Bürgermeister noch dem Stadtrat macht es Freude, Sie zusätzlich zu belasten.

Im Frühjahr haben sich bereits viele Bürgerinnen und Bürger Gedanken zur finanziellen Situation Immenstadts gemacht und Sparvorschläge eingebracht – danke dafür! Wir würden uns darüber freuen, wenn noch weitere Vorschläge von Ihnen gemacht werden. Kommen Sie gerne zur nächsten Bürgerinformation von 1. Bürgermeister Armin Schaupp am 26. September, 19.00 Uhr ins Rathaus, großer Sitzungssaal und bringen Sie Ihre Ideen mit!

Gemeinsam können wir Immenstadt auf einen guten Weg bringen und unseren Kindern und Enkelkindern ein lebenswertes Städtle übergeben, das für die Zukunft gerüstet ist.

Herbert Waibel

2. Bürgermeister